Vom Geben und Nehmen
„Eine Frau verkauft auf der Straße einen Hunderteuroschein für fünfundneunzig Euro. Der Geldschein ist echt. Die Passanten machen einen Bogen um die Frau. 15 Minuten später muss sie im Polizei-präsidium sehr schwierige Fragen beantworten.“ (Wolf Wondratschek, 1969)
Wenn Sie Gelegenheit hätten, mit dieser Frau ins Gespräch zu kommen, was würden Sie sie fragen?
Vielleicht das, was ich auch fragen würde: Warum tun Sie das: Wissentlich ein schlechtes Geschäft machen? Nicht auf Gewinn zielen, sondern auf Verlust. Mehr geben als nehmen. Was, glauben Sie, würde diese Frau antworten?
Die Passanten jedenfalls sind befremdet und misstrauisch. Halten sie die Frau für ver-rückt? Haben sie Angst, in eine Falle zu tappen und doch den Kürzeren zu ziehen? Lieber weichen sie einer Begegnung mit der Frau aus.
Ich glaube, die Frau möchte zeigen, wovon sie lebt: Von der Gemeinschaft mit anderen Menschen, vielleicht auch mit Gott. Davon, dass wir immer mehr bekommen als geben, erzählen die Glaubensgeschichten, nicht nur in der Bibel. Manche tun sich schwer damit und wollen keinem etwas schuldig bleiben. Andere leben zu oft auf Kosten anderer.
Wie sehen eigentlich meine Tage aus in Bezug auf Nehmen und Geben? Wie hätte mein gestriger Tag ausgesehen, wenn der Gebe-Teil (noch) größer beziehungsweise wenn der Nehme-Teil (noch) grösser gewesen wäre?
Ich wünsche Ihnen einen Tag voller Geschenk-Momente!
Uta Heine ist Pastorin in der Wolfsburger St. Marien-Kirche
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