Die Fähnchen-Girlanden sind ausgespannt über den Straßen, das Marschieren wird geübt. Durchzählen - links schwenkt - präsentiert das Gewehr und so weiter. Alles lange vermisst und drauf gefreut. Die Musikzüge und Spielmannszüge proben und geben dann zu den Festen ihr Bestes. Die Schausteller und Caterer schauen nach schweren Jahren hoffnungsvoll auf die Schützenzüge und sind bereit mit Essen und vor allem Trinken.
Die Termine der Schützenfeste sind auf viele Wochen und Orte verteilt, damit Gäste alle Schützenfeste jeweils der Reihe nach besuchen können. Hier ist das große Feiern nach dürren Jahren.
Leider kommt für sehr viele Menschen am nächsten Morgen böses Erwachen, nicht nur mit dem üblichen Kater, sondern leider auch mit dem allbekannten zweiten Strich auf dem Test. Trotz aller Vorsicht haben sich in den grün-weißen Schützenzelten und Schützenhäusern viele, viele Menschen infiziert. Nach dem Träterä folgt die Quarantäne. Das ist bitter. Das wünsch ich keinem. Als Pfarrer stehen meine Kolleg:innen und ich hier und da bei Schützen-Andachten vor den Uniformen zum Gottesdienst, zum Singen, zum Gebet und auch zur Fürbitte: Herr, schenk diesem Schützenfest ein gutes Gelingen!
Aber leider kommt nach aller Feierfreude jetzt für viele dieses: Krank zu Hause bleiben, vielleicht ist die ganze Familie betroffen. Jeder kann andere Symptome haben. Auch für jeden Arbeitnehmer sind die Folgen anders.
Ja, Feiern in großer Runde war wunderbar. Aber der Preis dafür erscheint mir schon sehr hoch. Jede Ortschaft mit Schützenverein hatte nach dem Festwochenende leider erhöhte Infektionen zu melden, und schnell war das Schlagwort gefunden: Die Schützenfest-Welle.
Das kann vielleicht ein bitterer Vorgeschmack auf unseren Herbst sein, darauf, dass die Zahl der Infektionen ansteigen wird. Haben wir nicht genug Anderes? Und wie geht es jetzt weiter? In den Kirchen galten immer vor allem Empfehlungen: Wir mussten nicht, sondern wir entschieden uns für Abstände, Desinfektion und Dokumentation und Maske tragen. Wir mussten nicht Treffen absagen, sondern wir entschieden selber, dass es eben nicht anders ging. Und zwar nicht allein wegen irgendwelcher Paragraphen, sondern aus Verantwortung und Fürsorge für die uns anvertrauten Menschen unserer Kirchengemeinden. Ich fühlte mich nicht von oben gezwungen, sondern nur meinen Gemeindegliedern verantwortlich. Was müssen wir tun, damit sich keiner ansteckt? Das haben sich die Pastor:innen gefragt zusammen mit ihren Kirchenvorständen. Lasst uns gemeinsam die Infektionszahlen lesen und dann gemeinsam Sorge tragen dafür, dass es unserer Gemeinde gut geht.
Und so halte ich auch Schützenandachten, und so waren ganz sicher auch die Schützenfeste organisiert, damit möglichst keiner zu Schaden kommt.
Jetzt setzen die Kolleg:innen und ich unser Engagement weiter fort zum Wohle aller Kirchengemeinden. Trotz schmerzhaftem Rückgang der Mittel und Kürzungen im gesamten krichlichen Betrieb werden wir mit Ehrenamtlichen zusammen das entwickeln, was unsere Kirchengemeinden brauchen, was sie auszeichnet und trägt und was den Menschen unserer Region eine geistliche Heimat ist: "Herr, gib deiner Gemeinde, in aller Freiheit dein Wort zu reden!" Apostelgeschichte 4,29
Florian Herterich ist Pastor in Zasenbeck-Radenbeck und Knesebeck
Alle AnsprechpartnerInnen in unseren Gemeinden finden Sie hier.