Reformationstag

29. Oktober 2022

Reformationstag

 

Fünf Jahre ist es jetzt schon wieder her, dass wir unsern Luther haben hochleben lassen. Ein ziemliches Spektakel, mit großem Aufwand betrieben, und manche Spötter haben schon damals gefragt, ob denn die eher geringe Aufmerksamkeit, die das Jubiläum außerhalb der innerkirchlichen Öffentlichkeit erfahren hat, solchen Aufwand rechtfertige. Immerhin ist uns ein gesetzlicher Feiertag geblieben, dauerhaft.

Ein merkwürdiger Feiertag ist das, nicht erst jetzt, sondern schon immer gewesen. Ich kann mich erinnern, dass wir in meiner münsterländischen Heimat ein Jahr konfessionsverschieden schulfrei hatten: die Katholiken an Allerheiligen, die Evangelischen am Reformationstag – wahrscheinlich, damit wir in den jeweiligen Gottesdienst gehen konnten. Hab ich auch brav gemacht, schätze ich. Und am nächsten Tag waren wir dann nur sehr wenige in der Schule, weil die katholische Mehrheit ihr Fest feierte. Das fand ich schon damals absurd.

Unter den Feiertagen, die bei uns heute eine Rolle spielen, hat der Reformationstag eine Sonderstellung: Er geht nicht auf biblische Erzählungen zurück, sondern auf greifbare Ereignisse der Kirchengeschichte. Luthers Thesenanschlag und wie alles in Gang kam mit der Reformation und so. Bedeutende Ereignisse, gewiss. Aber letztlich doch nur ein Geschehen, das hunderte von Jahren her ist. Was geht uns das an?

Wir Kirchenleute werden nicht müde, immer wieder zu betonen: Das geht uns ganz gewaltig was an! Auch und gerade heute. Und dann fangen wir an aufzuzeigen, worin die große Bedeutung der Reformation damals bestand und bis heute besteht, und dass es längst an der Zeit sei, eine neue Reformation zu starten. Die Kirche müsse sich erneuern an Kopf und Füßen und Haut und Haaren und wo sonst noch.

Und dann fangen wir an, unsere Organisationsstrukturen zu ändern, und meinen oft, das sei schon die Reformation, die wir heute bräuchten. Luther fände das lächerlich und würde sich wahrscheinlich sehr über die Folklore wundern, die mit seinem Namen verbunden ist (und es auch schon in früheren Zeiten war). Er selbst hätte vermutlich den Vorschlag unserer katholischen Geschwister unterstützt, das große Reformationsjubiläum als Christusfest – gemeinsam – zu feiern. Es wäre eine Gelegenheit gewesen.

Am Reformationstag geht es nicht um Luther. Es geht um das, was grundlegend ist für unser Leben und unsern Glauben, was uns Halt und Orientierung gibt. Wir finden es zum Beispiel im Leitspruch zum Reformationstag aus dem 1. Korintherbrief: »Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.«

Karsten Heitkamp ist Pastor in Groß Oesingen und Steinhorst

 

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Foto: Jens Schulze
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