Na, alles gut? Es gibt Leute, die auf so eine Frage grundsätzlich mit Ja antworten, um bloß einem eingehenderen Gespräch darüber aus dem Weg zu gehen, wie es ihnen denn wirklich geht. Dabei dürfte jeder und jedem ziemlich klar sein, dass diese Antwort genauso wenig stimmt wie die Frage. Es ist nie alles gut, es gibt immer auch Dinge, die nicht gut sind.
Alles. Ein schwieriges Wort, denn kein Mensch kann ermessen, was das denn wäre: alles. Ich kann mit meinem Blick und noch nicht einmal mit meinem Denken alles erfassen; es gibt immer etwas, das ich nicht sehe, auf das ich nicht komme, das ich mir nicht zusammenreimen kann. ‚Alles‘ übersteigt schlicht meine Fähigkeiten und Möglichkeiten. Es bleibt immer wenigstens ein Rest.
Ich muss immer etwas in mich hineingrinsen, wenn ich beim Dönermann gefragt werde, ob ich das Bestellte ‚mit allem‘ will. Und (etwas zu) lauthals haben wir damals als Vikare gelacht, als uns von prominenter Stelle beim Abendmahl gesagt wurde: „Trinket alles daraus.“ Da war eine gute Portion Häme dabei, weil sich jemand einfach versprochen hatte – als ob uns so etwas nie passieren könnte. Aber ich fand auch hier die Vorstellung lustig, dass jede und jeder den Kelch ganz leertrinkt und er immer wieder aufgefüllt werden muss, ganz zu schweigen davon, dass am Ende die ganze Gemeinde durchaus abgefüllt wäre.
Eigentlich heißt es ja: Trinket alle daraus. Gemeint sind alle Mitfeiernden, vielleicht alle Glaubenden. Es soll eine Einladung sein an alle Menschen, die sich auch einladen lassen möchten. Diese alle sollen aus dem Kelch trinken. Aber eben nicht alles, jedenfalls steht es so nicht geschrieben.
Obwohl – wäre das so falsch? Jesus feiert sein Abendmahl mit den Jüngern ja immerhin am Vorabend seines Todes. Nur kurze Zeit später fleht er Gott an, dass ‚dieser Kelch‘ (gemeint ist sein Leiden und Sterben) an ihm vorübergehen möge. Es ist keine leichte Sache, ‚alles‘ aus dem Kelch zu trinken, den mir das Leben anbietet. Natürlich soll ich da beim Abendmahl zunächst einmal viel Gutes in mich hineintrinken, nicht zuletzt, dass Gott sich mir zuwendet und mir meine Sünden vergibt. Aber der Lebenskelch enthält noch viel mehr an Unerfreulichem und Schmerzhaftem und Widerspenstigem. Es ist halt nicht ‚alles gut‘.
Aber genau darauf bezieht sich ja meine Hoffnung als Christenmensch: Ich trinke ‚alles‘ und vertraue darauf, dass Gott mich nicht alleinlässt, dass bei ihm alles gut aufgehoben ist. Es ist weiß Gott nicht alles gut. Aber vielleicht wird es gut, irgendwo und irgendwann. ‚Alles‘ ist zwar wirklich ziemlich viel. Weniger soll es aber auch gar nicht sein.
Karsten Heitkamp ist Pastor im Westen des Isenhagener Landes
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