Immer wieder gibt es Ereignisse, die die Frage aufwerfen, auf welche Weise Gott dabei seine Finger im Spiel hat. Der Krieg in der Ukraine ist so ein Ereignis, das Erdbeben in der Türkei und in Syrien ebenfalls. Oder ein persönliches Schicksal. Meist kommt uns die Frage nach Gott in den Sinn, wenn etwas Schlimmes passiert ist. Und meist bleibt es nicht bei einer Frage, sondern die Fragen häufen sich: Wie konnte das nur passieren? Womit haben wir das verdient? Was habe ich falsch gemacht? Wie kann Gott so etwas zulassen?
Irgendwie versuchen wir dann, Gott zu greifen zu kriegen. Er kann doch alles und ist ja der liebe Gott – wieso handelt er dann nicht entsprechend? Wie kann Gott all das Elend zulassen, mit dem wir in der Welt zu tun haben? Und wie kann er dabei noch den Eindruck erwecken, es sei alles in Ordnung so? Gott entzieht sich unseren Versuchen, ihn zu greifen. Gott tickt offenbar anders.
Wenn wir sagen, dass jemand ‚tickt‘, dann meinen wir: Dieser Mensch funktioniert so und so. Mit dem Ticken sind Gewohnheiten, typische Handlungsweisen, Muster gemeint. Der eine tickt so, die andere eher so. In der Regel hat jeder Mensch auch irgendwelche Ticks, typische Verhaltensweisen, die besonders auffallen. Oft ganz liebenswert, manchmal ziemlich anstrengend. Wenn es übersteigert ist, wenn jemand austickt oder ‚nicht mehr ganz richtig tickt‘, wird es zuweilen gefährlich. (Oder es handelt sich um eine neurologische Krankheit, man spricht dann von Tic-Störungen.)
Gott tickt anders. Das zeigen uns eigene Erfahrungen, das zeigt uns auch so manche biblische Geschichte. Jesus erzählt immer wieder von einem Gott, der unsere Vorstellungen von Gerechtigkeit und Miteinander ins Leere laufen lässt. Was wir richtig und gut finden, scheint für Gott nicht unbedingt eine Rolle zu spielen. Gott ist nicht ausrechenbar. Er ist kein Uhrwerk, das nach unseren Regeln funktioniert, er ist kein Automat, den wir irgendwie ankurbeln könnten, damit am Ende unsere Wünsche erfüllt werden. Gott tickt überhaupt nicht.
Die Bibel erzählt auch davon, wie Menschen damit umgehen. Besonders eindrücklich ist die Geschichte von Hiob, die wir am vergangenen Sonntag in unseren Gottesdiensten gehört haben. Ihm widerfährt ziemlich Übles, Gott hängt da mit drin. Und trotzdem bleibt Hiob dabei, auf Gott zu vertrauen: „Wenn wir das Gute von Gott bekommen, sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?“ Das ist wohl die Lebensaufgabe, der wir uns zu stellen haben. Denn Gott tickt anders (beziehungsweise gar nicht).
Karsten Heitkamp ist Pastor in Groß Oesingen, Steinhorst, Hankensbüttel & Sprakensehl
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