Wer oder was ist eigentlich der Heilige Geist? Auf diese Frage ist mir vor ein paar Jahren eine Antwort eingefallen, die ich immer noch gut finde. Es ist ja allgemein bekannt, dass ich viel vom Fußball halte. Also, als Zuschauer – aktiv bin ich da nie gewesen. Ein gutes Fußballspiel sehe ich mir gerne an. Schon in meiner Grundschulzeit habe ich ein Fußballlexikon geschenkt bekommen, und da stand alles drin, was man wissen musste: Wer wann Meister geworden ist, welche großen (und auch weniger großen) Fußballer es früher gegeben hat, Regeln wurden natürlich auch erklärt. Ergänzt wurde dieses Fachkompendium irgendwann durch einen monumentalen Bildband über die Fußballweltmeisterschaft 1974.
Und viele Jahre später dann noch ein Geschenk: eine CD-Box mit Ausschnitten von Fußball-Livereportagen aus fünf Jahrzehnten. Herausragend in den 1950er und 60er Jahren: Herbert Zimmermann. Seine Stimme, seinen Kommentar des Endspiels von 1954 kennen wir alle, ob aus eigenem Erleben oder aus einem der ungezählten Rückblicke im Radio oder Fernsehen. Manche Passagen kann ich mitsprechen: „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen ...“ Und dann am Ende: „Aus, aus, aus! Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister!“ Nicht erst seit dem Spielfilm von 2003 heißt dieses Ereignis im Volksmund das ‚Wunder von Bern‘. Und für dieses Wunder ist vor allem einer verantwortlich gewesen: der sogenannte Geist von Spiez.
Spiez am Thunersee, da war das Trainingslager der deutschen Mannschaft. Dort ist es gelungen, abgeschirmt von der Außenwelt eine eingeschworene Truppe zu formen. Wir würden heute ganz nüchtern vielleicht von Teambuilding sprechen, von erfolgreicher Netzwerkerei und psychologischem Geschick. Damals nannte man es viel poetischer den Geist von Spiez. Etwas, von dem man nicht genau sagen kann, woher es kommt – es stellt sich einfach ein, und niemand weiß, wie und warum. Aber es ist da, und man sieht die Auswirkungen. 1954 in der Schweiz war das vor allem der nicht für möglich gehaltene Finalsieg gegen Ungarn, den haushohen Favoriten, der zuvor mehr als vier Jahre lang kein Spiel verloren hatte.
Der Heilige Geist scheint eine Art Verwandter des Geistes von Spiez zu sein. Wenn man im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte die Pfingsterzählung liest, dann sind sich die Leute damals auch nicht klar, woher dieser Geist kommt. Manche argwöhnen sogar, die ersten Christen, die da in lauter fremden Sprachen reden, seien einfach betrunken. So etwas kann man einfach nicht einordnen. Man erkennt den Geist weniger an seiner Herkunft als an seinen Auswirkungen: Da können plötzlich Leute etwas, das sie eigentlich gar nicht können. Da gelingt etwas, das alle Welt für völlig unwahrscheinlich, ja, eigentlich für unmöglich hält. Und trotzdem: es geschieht. Aus heiterem Himmel, könnte man sagen.
Viel ist über den Heiligen Geist gesagt und geschrieben worden. Und aus theologischer Sicht ist das sicherlich auch alles richtig: dass der Geist eine Erscheinungsweise Gottes sei, eine der drei Personen der Trinität, der Dreieinigkeit Gottes von Vater, Sohn und eben Heiligem Geist. Dass der Geist dort wichtig wird, wo der Sohn diese Welt vorübergehend verlassen, also an Himmelfahrt. Oder dass im Johannesevangelium der Geist als Tröster bezeichnet wird. Alles richtig. Aber wirklich vorstellen kann ich mir das Wirken des Heiligen Geistes erst, seit mir der Vergleich mit dem Fußballgeist von Spiez eingefallen ist. Richtig greifbar ist er nicht, aber ihm gelingt doch Großes. Damals wie heute.
Karsten Heitkamp ist Pastor im Westen des Isenhagener Landes
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