Manchmal überkommen mich große Zweifel, wie ich verschiedene Zustände auf unserem Planeten sinnvoll im Kopf zu einem Ganzen bringen soll. In den vergangenen Tagen haben wir in Wittingen aus den Kitas Stephanus I und Stephanus II und der Kita Ohrdorf unsere Kinder aus der Kita verabschiedet und mit Gottes Segen in die Schule geschickt. Das waren ganz wunderschöne Gottesdienste mit vielen Familien, vielen qualifizierten Helferinnen und weiteren engagierten Menschen.
Im Stillen denke ich zugleich an die vielen Kinder anderer Länder und Kulturen, die gar keine Kita besuchen können, die gar keine Kindheit haben, so wie unsere Kinder hier. In ärmeren Gegenden und in Krisengebieten werden Kinder nicht aus einer Kita verabschiedet, sie werden auch nicht eingeschult, sie bekommen auch keinen Ranzen geschenkt, sie stehen auch nicht mit ihren Eltern und Großeltern vor einem großen Busch zum Familienbild am Tag der Einschulungsfeier.
All das haben jene Kinder nicht. Manche leben inmitten unsagbarer Zerstörung und in unwirtlichster Umgebung. Vergiftetes Land mit zerbombten Häusern in zerrissenen Familien. Statt Sandkasten Bombenkrater, statt dem Spielen auf einem Klettergerüst Schießtraining mit einem alten Armee-Gewehr.
Wie geht das zusammen? So lange denken, bis es passt? Nach dem großen Zusammenhang suchen. Uns geht es gut, jenen Kindern ganz sicher weniger. Hat unser Wohlstand damit zu tun? Haben unsere Industrien dazu beigetragen, dass solche lebensgefährlichen Krisen anderswo aufflammen? Aber haben wir nicht auch das Recht dazu, unsere Kinder würdig und stolz aus der Kita zu verabschieden? Was können wir schon dafür?
Schnell der Blick auf die Kirche, weil die ja so sozial ist und sich um Ärmere kümmert. Weil sie Notleidende versorgt. Ist das nicht ihr Auftrag? Gemeinsam mit den anderen insgesamt sechs Wohlfahrtsverbänden unseres Landes?
Ich feiere sehr gern auch weiterhin Gottesdienste mit und für Kita-Kinder, ich segne sie auch weiterhin gerne für ihren Abschied aus dem alten Kindergarten und für den Weg in die neue Schule. Und ich will meinen Blick auch künftig nicht abwenden von anderen Ecken unserer Erde, wo viel mehr Leid, mehr Krieg und Not herrschen.
"Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Geschwistern, das habt ihr mir getan." Matthäus 25,40
Dabei wird auch die eigene Rolle, der eigene Anteil an solchen gewalttätigen Krisen mit eingeblendet, und mich führt es dahin, dass wir, als im Wohlstand lebende Gesellschaft, deren Mitglied ich bin, sehr wohl hinschauen müssen auf das Leid mindestens der Kinder in zum Teil traurigen, ja traumatisierenden Zuständen. Nicht wegsehen, nicht ignorieren, nicht totschweigen.
Und dann ist es vielleicht bloß noch ein kleiner Schritt zum Handeln. Denn Helfen ist möglich, und jederzeit können wir in zahlreichen Varianten unsere Kräfte und Materialien dafür einsetzen, dass die Unterschiede im Alltag von Kindern unserer Erde kleiner werden hin zu einer kindgerechteren Welt.
Florian Herterich ist Pastor in Radenbeck, Zasenbeck, Knesebeck, Eutzen, Vorhop und Schöneworde
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