Am 25. Oktober 1648 brachen die Leute auf dem Osnabrücker Marktplatz gegen Mittag in Gesang aus. Ihnen war gerade der Westfälische Friede verkündigt worden, der tags zuvor in Münster nach 30 Jahren Krieg geschlossen worden war. Der Legende nach stimmten sie ein Lied an, das damals gut 100 Jahre alt war: Nun lob, mein Seel´, den Herren.
Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges war eine gewisse Müdigkeit eingetreten. Der Krieg und seine Folgen hatten ganze Landstriche verwüstet und entvölkert. Auch gemessen an den Kriegserfahrungen des 20. Jahrhunderts ist das verheerend gewesen. Und wieder einmal hatte man die Erfahrung gemacht, dass Glaube und Kirche(n) nicht in der Lage waren, zum Frieden zu wirken, sondern im Gegenteil die Sache eher noch angeheizt haben (oder wenigstens als passende Rechtfertigung für die eigene Sache herangezogen wurden).
Der Predigttext für diesen Sonntag erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, dass das durchaus im Sinne Jesu gewesen ist. „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“, sagt er im Matthäusevangelium zu seinen Jüngern. Es ist eine dieser schroffen Aussagen, mit denen Jesus eher irritiert. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich – so oder so ähnlich hört man es bis heute oft. Dazwischen gibt es nichts.
Je älter ich werde, desto schwieriger finde ich die Abwägung. Wie weit will und soll ich meine Ansichten gegenüber anderen vertreten, und wo ist es besser nachzugeben? Jesus scheint hier ganz eindeutig zu sein: Bleibt standhaft, gegen alle Widerstände! Dabei hatte derselbe Jesus nur wenige Kapitel zuvor in der Bergpredigt noch ganz anders gesprochen: Liebt eure Feinde! Was denn nun?
Vielleicht wird nur etwas Sinnvolles draus, wenn man beides zusammennimmt. Tretet für den Frieden ein, und zwar konsequent und kämpferisch. Gebt nicht der Versuchung nach, vorschnell alles „um des lieben Friedens willen“ mit einer Harmoniesoße zu übergießen und damit alles zuzukleistern. Streitet – aber nicht um des Streitens willen, sondern immer mit dem Ziel, am Ende zum Frieden zu kommen.
Klar, das gelingt nicht immer. Manche Auseinandersetzung verselbständigt sich, es gibt Leute und Konstellationen, die es nicht zum Frieden kommen lassen. „Nie wieder Krieg“ ist zuweilen leider nur ein frommer Wunsch. Trotzdem: Ich verstehe Jesus so, dass ich nicht vorschnell aufgeben soll im Streit für den Frieden, auch wenn es unbequem wird und ich zwischen alle Stühle gerate.
Karsten Heitkamp ist Pastor in Groß Oesingen und Steinhorst
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