Eigentlich sollte es in diesen Tagen sommerleicht und urlaubsfröhlich zugehen. Aber in diesem Jahr fällt es mir schwer, unbeschwert zu sein. Ich versteh die Welt nicht mehr. Zuviel Schwere lastet auf ihr, zu viel Not, zu viel Leid.
Vermutlich habe ich die Welt nie verstanden und es wäre richtiger zu sagen: ich verstehe sie immer weniger. Bis vor einigen Jahren hatte ich zumindest das Gefühl, sehr viel nachvollziehen zu können und ein wenig Überblick zu haben. Vielleicht liegt es an meinem Alter. Bin ich inzwischen zu alt, um die Welt zu verstehen?
Ich dachte einmal, die Dinge lägen klar auf der Hand: Wir haben auf dieser Erde gemeinsame Probleme und den (meisten) Staaten der Welt liegt daran, diese Probleme miteinander zu lösen. Ich dachte, wir wissen alle um die Zerstörung unserer Umwelt und die Veränderungen des Klimas und wir sind bereit, etwas dagegen zu tun, auch persönlich Einschränkungen hinzunehmen. Schließlich reden viele davon, dass sie sich Sorgen machen um die Zukunft ihrer Kinder und ihrer Enkel, aber sie ändern nichts an ihrer eigenen Lebensweise. Ich dachte globales Denken und Handeln hätte gemeinsame Verantwortung zur Folge. Ganz schön naiv!
Ich habe mittlerweile etwas anderes verstanden: Je schwieriger Situationen werden, je komplexer Verhältnisse sind, desto eher wollen viele Menschen einfache Lösungen und andere, die für sie denken. Ich habe verstanden, dass Angst kein guter Ratgeber ist. Es ist viel leichter Vorurteile zu pflegen, Parolen zu skandieren und zu schimpfen, als einander zuzuhören und zu versuchen, einander verstehen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Uns allen ist Verstand mitgegeben. Wir haben die Eigenschaft, denken zu können und die Folgen unseres Handelns abzuschätzen. Was hindert uns daran? „Wohl dem Menschen, der Weisheit erlangt, und dem Menschen, der Einsicht gewinnt.“ Diese Worte aus der Bibel sind auch heute aktuell. Ergänzen möchte ich „Wohl der Welt, wenn der Mensch danach handelt“.
Ich verstehe zwar die Welt nicht mehr, aber ich gebe die Hoffnung für diese Welt nicht auf. Und ich weiß: ich bin nicht allein.
Heike Burkert ist Pastorin für regiolokale Kirchenentwicklung
Alle AnsprechpartnerInnen in unseren Gemeinden finden Sie hier.