Der EM-Song liegt allen Fußballbegeisterten in den Ohren. DJ Martin Garrix aus Holland hat ihn im Auftrag der UEFA 2019 zusammen mit Bono & The Edge (von der Gruppe U2) rechtzeitig vor Beginn der geplanten EM 2020 geschrieben. Bono ist als christlicher Songschreiber bekannt. Das Lied enthält folgende Zeilen (Übersetzung von mir): „Zerbrochene Glocken einer zerbrochenen Kirche / Ein Herz, das schmerzt, ist ein arbeitendes Herz / von einem gebrochenen Ort aus / wird der Sieg errungen.“ Der Text spielt sinnbildlich auf die im April 2019 durch einen Brand stark beschädigte Kathedrale Notre-Dame an, auf die neu aufkeimende Gewalt in Irland und auf Terroraktionen allgemein – auf eine Welt voller Trümmer.
Der EM-Song geht aber weiter, will Mut machen. Aus den Ruinen von Hass und Krieg gibt es eine Armee Liebender: Wir sind diejenigen, auf die wir gewartet haben ("We are the people we’ve been waiting for"). Wir sind die Veränderung, die wir in der Welt sehen wollen.
Die optimistische Aufbruchstimmung ist zu spüren, nach dem langen Corona-Jahr. Aus der Welt voller Trümmer um uns herum: Kriege, Terror, Corona, Klima- und Naturkatastrophen. Krisen in uns. Wir schaffen etwas Besseres, ermutigt der EM-Song. Schaffen wir das?
An einem gebrochenen Ort wurde der Sieg errungen. Diese Zeilen erinnern an die Trümmer der Tempelzerstörung 70 nach Christus, in Jerusalem. Der Ort, an dem immer wieder Gewalt entsteht. Der Ort, an dem sich der Monotheismus, der Glaube an den einen Gott entwickelte. Der Gott, an dem sich die Geister scheiden. Dort wurde für den christlichen Glauben ein Sieg errungen, der ganz anderer Natur ist – nicht von Menschen, sondern von dem Gott, der das ruft, was nicht ist, dass es sei (Rö 4,17). Das Markusevangelium, das um die Zeit des zerstörten Tempels herum geschrieben wurde, spricht immer wieder von einem verwüsteten Ort als Hoffnungsort. In der Spannung zwischen Golgatha (Kreuzigung) und dem leeren Grab der Auferstehung (Mk 15,22 und 16,6) liegt der Ausgangspunkt: „Du schöpfst Hoffnung aus der Niederlage in der Nacht“, sagt der EM-Song.
Der Ort der größten menschlichen Schwäche ist der Ort, an dem eine Kraft entsteht, die göttlicher Natur ist. Diese Kraft kann uns zu Menschen machen, auf die wir warten.
Pastor Dr. Jürgen Klein, Vakanzvertretung in Neindorf, Hehlingen und Almke
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