Der Lehrer spricht im Sachkundeunterricht mit den Kindern über die Wasserkraft. Anschaulich bekommen sie mit, wie früher der Bach das Mühlrad antrieb und der Müller so das Getreide zu Mehl verarbeiten konnte. Wie das Wasser der Gebirgsströme die Sägewerke antrieb. Wie die Dampfmaschine erfunden wurde. Wie Stauseen errichtet werden, deren Wasser große Turbinen antreibt und Strom erzeugt. Die Kinder haben dem Lehrer fasziniert zugehört; und als er in der folgenden Stunde den Stoff noch einmal wiederholen will, fragt er die Klasse: „Wer von euch kann mir ein besonders eindrückliches Beispiel der Wasserkraft nennen?” Da meldet sich Fritzchen und sagt: „Meine Mama heult so lange, bis Papa ihr das neue Kleid kauft!”
„Rogate“ – Betet! Laut oder leise, gemeinsam oder mit anderen, frei oder mit geprägten Worten: Betet! Im Mittelpunkt dieses Sonntags steht die Ermutigung zu Gebet und Fürbitte. Das Gebet steht unter der Verheißung des Wochenspruchs: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft, noch seine Güte von mir wendet." (Ps. 66,20)
Rogate. Betet. Liegt Gott in den Ohren. Und wenn es sein muss, ein bisschen so, wie Fritzchen das von seiner Mama erzählt. Auch wenn es in unseren Gebeten nicht vordergründig um Materielles geht – zumindest nicht nach Jesu Verständnis: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan“, (Matth. 7,7) sagt er. Was er damit meint: es gibt für uns nichts Wichtigeres als mit Gott in Verbindung zu bleiben – über das Gebet. Denn was wir im Alltag brauchen, ist Orientierung und Klarheit. Ist Gemeinschaft, Menschlichkeit, Achtung und Liebe. Ist Frieden und Versöhnung. „Bittet, so wird euch gegeben. Denn wer da bittet, der empfängt“. Das erinnert mich ein wenig an die andere Anekdote mit Fritzchen:
In seinen ersten Schulferien ist er bei Großmutter zu Besuch. Es gibt viel zu entdecken und zu erfahren. Aber auch die Großmutter möchte von ihrem Enkelkind so einiges hören. „Betest du auch am Abend vor dem Zubettgehen?” - „Ja, jeden Abend”, antwortet er. „Und wie ist es am Morgen?”, fragt die Oma weiter. „Nein, morgens nicht. Am Tage habe ich ja keine Angst!” Damit spricht er eine Wahrheit aus, die viel tiefer liegt, als uns bewusst ist: unser Bedürfnis nach Geborgenheit und unsere Bereitschaft, mit Gott in Verbindung zu sein, liegen nah beieinander. Gut, wenn wir dann tatsächlich erfahren: ‚Gott hat mein Gebet nicht verworfen‘.
Helmut Kramer ist Pastor in den verbundenen Kirchengemeinden Brome-Tülau und Ehra
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