Es gibt für viele Christinnen und Christen jetzt im Herbst den Wunsch nach mehr Nähe zu ihrer Kirche. Es wird draußen früher dunkel, die Temperaturen gehen runter. Die Wärme und das Leuchten des christlichen Glaubens können hier viel leisten. Bloß: Wie nähere ich mich denn meiner Kirche, dem Glauben, der Liebe Gottes und Gottes Sohn Jesus Christus?
Es gibt dafür recht viele Möglichkeiten, aber eine davon ist bereits sehr früh im 5. und 6. Jahrhundert entstanden, und sie stellt die wichtige Frage nach der Familie von Jesus. Ganz klar: Jede Person wirkt gleich viel näher und sympathischer, wenn man weiß, wer seine oder ihre Eltern und sogar ihre Großeltern sind. Man weiß dann, wessen Kind er oder sie ist.
Aber bei Jesus ist der Fall doch eindeutig: als seinen Vater bezeichnete er doch selber eben Gott, den Vater im Himmel! Aber ist damit wirklich alles zu Jesu Familie gesagt, und hilft das auch weiter bei der oben genannten Suche nach mehr Nähe zu ihm?
Viele Menschen haben jedenfalls damals an der Entstehung einer Familiengeschichte von Jesus Christus hier auf der Erde mitgeschrieben.
Wir hören es ja bald zu Weihnachten im Gottesdienst : Jesu Eltern sind Maria und Josef. Schön und gut, aber eben im 6. Jahrhundert für viele Gemüter noch zu wenig Personal in der heiligen Familie, oder wie man damals gern sagte: der heiligen Sippe.
Also ging der Blick eine Stufe zurück zu den Großeltern Jesu! Und da wurde man tatsächlich fündig: Jesus hat demnach Oma und Opa und sie heißen: Anna und Joachim. Großmutter Anna zeigte in ihrem Leben erstaunlich viele Gemeinsamkeiten mit der Mutter des Propheten Samuel mit Namen Hannah aus dem alten Testament, Anfang 1. Samuelbuch. Und es konnte festgestellt werden, dass Anna zwar mit Maria schwanger wurde und sie auch zur Welt gebracht hat, aber Dank göttlicher Gnade ihre Tochter Maria frei von der Erbsünde bleiben konnte.
Ihre biographischen Angaben werden hier sicherlich von mir sehr stark verkürzt dargestellt, lassen aber bereits jetzt erkennen, wie das Wirken Gottes in der Familie Jesu sich immer weitervermittelt hat von dem Sohn Gottes auf seine Mutter und Großmutter, oder eben auch umgekehrt von Anna bis hin zu Jesus.
Auch wenn das neue Testament der Bibel von Anna zumindest in den vier Evangelien peinlich wenig mitzuteilen hat, nämlich gar nichts, so bildeten sich mit der Zeit viele Erinnerungen und Traditionen um die heilige Anna. Ein Indiz hierfür ist, dass die Zahl der Annen-Kirchen wuchs. Meist verbunden mit einer Reliquien-Verehrung.
Allein von z. B. Annas Haupt gibt es bisher zwei Reliquien, eine seit 1501 in Düren und eine zweite in Castelbuono auf Sizilien.
Also haben wir hier mit der heiligen Anna ganz deutlich einen Ausdruck der Sehnsucht nach Nähe zu Jesus und eben seiner irdischen Familie.
Vielleicht öffnet uns auch heute der Blick auf diese Familie einen Weg hin zu Jesus.
Wer meint, das sei ja nun nicht evangelisch, der sei hingewiesen auf Martin Luther, der in jungen Jahren in einem schlimmen Gewitter panisch zu Anna betete, sie möge ihn doch bitte beschützen, und im Gegenzug wäre er nach der Rettung auch bereit, Mönch zu werden.
Florian Herterich ist Pastor in Zasenbeck-Radenbeck und Knesebeck
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