Drei Jahre habe ich als Berufsschullehrer gearbeitet. Die Arbeit hat mir Freude gemacht. Gerade in meinem Fach Religion war Raum für Begegnungen, für Austausch, für Diskussionen über Fragen des Lebens. Ein bunter Mix aus Glaubensrichtungen und -zugehörigkeiten oder eben auch aus jungen Menschen, die religiös unmusikalisch waren. Wir hatten immer gute Gespräche, manchmal vehement, aber immer fair.
Mehr noch als die Begegnungen im Unterricht habe ich die kurzen Gespräche in den Pausen geschätzt, die oft mit genau diesem Satz eingeleitet wurden: „Haben Sie mal fünf Minuten?“ 300 Sekunden Zeit für eine wichtige Frage, ein Problem, eine Krise oder vielleicht sogar eine Klärung. Das klingt nicht nach besonders viel zwischen zwei Unterrichtsstunden, vor der nächsten Klassenarbeit und dem Wunsch, einmal durchzuatmen, etwas zu essen und – ja auch das! – vielleicht ‚eine zu rauchen‘.
Tatsächlich habe ich mehr als einmal meine innere Uhr weiter vorgestellt als nur fünf Minuten, wenn ein Problem gewichtiger wurde und mehr Zeit beanspruchte.
Trotzdem: Diese kurze Zeit, oft zwischen Tür und Angel, an einer ruhigen Stelle auf dem Schulhof oder bei einem kurzen Spaziergang ‚um den Block‘ war immer gefüllt mit Gefühlen, mit Begegnung und Vertrauen.
In der Seelsorge bezeichnen wir diese Form der Zusammenkunft als Kurzgespräch. Kurz, weil es ja ‚nur‘ fünf Minuten sind. Wir sind geneigt zu glauben, dass man ja mehr Zeit bräuchte. Das trifft für viele Situationen der Seelsorge auch durchaus zu. Allerdings habe ich festgestellt, dass Zeit – ganz im Sinne Albert Einsteins – sehr relativ empfunden wird. Ich mag das Gefühl haben, diese fünf Minuten seien zu wenig. Für meine Schülerinnen und Schüler mag es aber nicht weniger bedeutet haben als einen ersten Schritt zur Lösung, eine Entlastung und das gute Gefühl, im Schulalltag für kurze und intensive Momente gehört und gesehen worden zu sein.
Ich habe mehr als in jeder anderen Phase meines Berufslebens gelernt, dass fünf Minuten die Welt bedeuten können. 300 Sekunden können nicht weniger sein als ein Geschenk, das mich nichts kostet als die Bereitschaft, aus dem Schatz meiner Zeit etwas abzugeben. Und wenn dann noch eine Tasse Kaffee dazukommt, kann sich für beide Seiten etwas ganz Schönes entwickeln.
Deshalb – Verschenken Sie doch bitte öfter einmal fünf Minuten!
Jan-Dirk Weihmann war bis zu den Sommerferien Berufsschulpastor in Wolfsburg. Ab August 2024 ist der Notfallseelsorger Gemeindepastor in Weyhausen.
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