Auf Großveranstaltungen wie dem Christopher Street Day oder bei Demonstrationen für Toleranz und Freiheit sehe ich sie immer wieder: Die Regenbogenfahne. Vor dreißig Jahren hatten die Friedensdemonstranten bereits ihre Regenbogenfahnen dabei, damals noch mit großen weißen Buchstaben ‚PEACE‘. Friede also.
Heute ist die Fahne das Symbol für die Vielfalt der Lebens- und Liebesformen. Manche ergänzen immer mehr, so gibt es Fahnen mit noch einem Dreieck dazu, auch schwarz und weiß kommen dann dazu. Ich habe keine solche Fahne, obwohl meine Ansicht dazu klar ist: Für Toleranz, gegen Diskriminierung, für die Vielfalt, gegen Einfalt.
Jeder findet im Internet leicht, was die Fahnenfarben aussagen sollen, aber mir fehlte dabei immer der christliche Bezug. ROT steht fürs Leben. Klar, Blut ist rot. Aber den Juden und Christen fällt hoffentlich dabei ein, dass sich im Alten Testament die Erzählung findet, dass die Juden damals in Ägypten zum Schutz ihre Türrahmen mit Tierblut eingestrichen hatten, um eine grausame Tötung der Erstgeburt abzuwenden.
Archaische Vorstellungen, die aber im Kern denselben Gedanken haben: Rot ist die Farbe des Lebens, besser noch: Rot ist die Farbe des Überlebens. Mit dem Orange wird Heilung und Gesundheit verknüpft. Gelb steht für die Sonne, Grün meint die Natur. Hier finde ich einen Rückgriff auf Ursprünge. ‚Zurück zur Natur‘ ist eine gebräuchliche Redewendung, Sommerzeit ist Grün-Zeit. Grün ist aber auch eine Farbe im Kirchenjahr.
Blau steht für Harmonie – da muss man auch erstmal drauf kommen. Das könnte mit Ozeanwellen und Himmelblau zu tun haben. Violett oder auch Lila steht für Spiritualität, für Geist. Bei einem sehr großen Feuerwehr-Einsatz sind die Seelsorger:innen landesweit immer in lila Westen gekleidet und darin dann klar zu erkennen.
Aus der Geschichte wissen wir, dass bereits der Thomas Münzer, Theologe im Mittelalter, eine Regenbogenfahne nutzte als Ausdruck seiner Überzeugungen: Der Regenbogen als das wichtige Zeichen der Verbindung Gottes mit den Menschen. Nach der tödlichen Sintflut schließt Gott mit den Menschen einen Bund des Überlebens, keine Flut soll je wieder alles Leben ertränken. Nach der Flut kommt eine neue Chance für alle Menschen, angezeigt im Regenbogen, so steht es im ersten Buch Mose im neunten Kapitel. Was sonst könnte die Vorteile einer bunten und offenen Gesellschaft, mit Platz für jede und jeden Menschen, mit Einbeziehung von allen möglichen Fähigkeiten, verschiedenen Talente und zahlreichen Begabungen, was könnte dies alles besser anzeigen als ein Regenbogen?
Florian Herterich ist Pastor im Nordosten des Isenhagener Landes
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