Am See Genezareth ist eine große Menge zusammengekommen. Alle wollen sie nach vorne, um nichts zu verpassen. Jesus steht am Ufer und predigt. Da sieht er zwei Boote am Ufer. Und er sieht auch die Fischer, die ungerührt vom Trubel um sie herum ihre Arbeit verrichten. Mit geübten Handgriffen waschen sie ihre Netze; sie wechseln kein Wort. Die Stimmung ist gedrückt; sie haben nichts gefangen in der letzten Nacht. Sie haben nichts, was sie auf dem Markt zum Kauf anbieten könnten. Sie haben nichts, was sie nach Hause bringen können für ihre Familien. Leere Netze!
Da steigt Jesus in eines der Boote und bittet Simon, mit seinem Boot ein Stück vom Land wegzufahren, damit er leichter zu den Menschen am Ufer reden kann. „Das hat mir grade noch gefehlt“ – mag Simon gedacht haben. Aber als Jesus ihn auffordert, noch einmal hinauszufahren ins Tiefe und dort die Netze auszuwerfen, mitten am Tag, da sagt er laut, was er denkt: „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen“! – ‚Wir verstehen was von unserer Arbeit. Wir haben alles getan, nach allen Regeln der Kunst. Und haben wieder einmal nur leere Netze.‘
Aber da bleibt die Stimme Jesu: „Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!“
Nun wusste damals jedes Kind: Am See Genezareth fängt man nur nachts, wenn es dunkel ist. Seit Jahrtausenden ist das so: Die Nacht ist die Zeit der Fischer. Wer es trotzdem am Tag versucht, der versteht nichts von seinem Handwerk.
Aber da bleibt die Stimme Jesu: „Fahre hinaus“…
Wie die Geschichte ausgeht, ist bekannt.
In der Antike wurden diejenigen, die Sklaven freikauften, um ihnen die Freiheit zu geben, Menschenfischer genannt. In der Regel tat man so etwas nicht: Auf die Arbeitskraft eines Sklaven freiwillig zu verzichten, war ähnlich dumm, wie am Tage fischen zu wollen. Nach der Erfahrung mit den übervollen Netzen wird Simon von Jesus zum Menschenfischer erklärt. Mit diesem Bild will Jesus verdeutlichen: Simon ist auf einem neuen Weg; und mit demselben Wort, das ihn gerufen hat, soll er seinerseits andere rufen und einladen. Zum Vertrauen.
Wie ist das mit unseren leeren Netzen? Ob die Geschichte es schafft, uns neu auf einen Weg des Vertrauens zu stellen? Auch gegen den Augenschein? Das wünsche ich uns.
Helmut Kramer ist Pastor in den verbundenen Kirchengemeinden Brome-Tülau und Ehra
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