Lichterglanz im Dunkel

Nachricht 12. Dezember 2024

Eine Kerze anzünden

Wenn draußen die Tage dunkel und ungemütlich sind, schmücken wir unsere Wohnungen und Häuser nicht nur mit Licht. Doch der Anspruch, Weihnachten müsse alles besonders perfekt sein, kann auch Kummer und Sorgen verstärken. Weihnachten ist nicht nur hell. Aall das, was dunkel ist, in uns und um uns, hat genauso seinen Platz an der Krippe im Stall von Bethlehem.

Larissa Mühring ist Pastorin. Und sie ist Mutter von drei kleinen Kindern. „Ich muss Heiligabend arbeiten, wir verschieben die Bescherung also auf den ersten Weihnachtstag.“ Basteln, dekorieren, Kekse backen, Märchenfilme gucken – das alles gehört aber auch bei Mührings zur Vorbereitung auf Weihnachten. „Ich liebe Lichterketten! Im Advent schmücken wir das ganze Treppenhaus.“ Lichterketten standen bei der Theologin bereits als Kind hoch im Kurs. “Die Christnacht-Gottesdienste mit vielen Kerzen haben mich immer schon sehr berührt.“

Neben den Lichterketten hängen bei Familie Mühring an der Treppe im alten Pfarrhaus an drei dicken langen Seilen die selbstgebastelten Adventskalender. „Das ist ein großes Projekt, damit bin ich eine Weile beschäftigt.“ Grüße der Verwandtschaft, Geschichten, Gutscheine, Pixibücher finden Platz in den Adventskalendern. Und alles, was in Kita und Schule gebastelt wurde, wird dazu gehängt. „Wir hängen wirklich alles auf. Auch wenn es schon total kaputt und ausgenudelt aussieht. Es wird trotzdem aufgehängt.“

Foto: privat

„Mein Bild ist: Es gibt nur einen Gott. Wir werden im Himmel merken, wir hatten einfach nur unterschiedliche Wege, auf diesen Gott zuzugehen“, ist sich Heidrun Schäfer sicher.

Die 56-jährige Diakonin ist Klinik- und Hospizseelsorgerin in Wolfsburg.

Wer darf in die Krippe einziehen?

Zum Warten auf Weihnachten gehört auch, die Krippe aufzubauen. Und die wächst bei Mührings in der Adventszeit so vor sich hin. „Wir haben unseren Küchentisch erweitert, bei jeder Mahlzeit steht da die Krippe und wir zünden dazu Teelichter an.“ Wer zuerst einziehen darf und wer überhaupt dabei sein darf, entscheiden alle gemeinsam. „Als erstes zieht immer Josef ein, aber manchmal ist auch Jesus schon ganz früh dabei.“ Das Glitzerpony gesellt sich zum Christuskind, Spiderman darf auch nicht fehlen. Und die kaputte Puppe gehört in der Krippe wie selbstverständlich dazu. Denn Weihnachten ist nicht nur ein Fest mit Lichterketten, Kerzen, Duft und Glanz.

„Wir sind dünnhäutiger im Advent, offenporiger für das Leben, für die Licht- und die Schattenseiten“, erlebt Heidrun Schäfer in ihrem Alltag. Sie bringt Licht und Segen denen, die im Krankenhaus liegen. Wenn draußen wenig Licht ist und drinnen auch, kommen Krankenhausseelsorgerin Heidrun Schäfer und ihre Kolleginnen zu Besuch. „Nicht vergessen zu sein, nicht einsam zu sein, das ist wichtig, wenn es mir nicht gut geht. Gespräche tun gut, Musik tut oft gut.“

Anderen Freude machen

In der Adventszeit singen Wolfsburger Chöre im Klinikum auf den Krankenhausfluren. Heidrun Schäfer begleitet die Chöre, fragt an, ob die Zimmertüren geöffnet werden dürfen. „Es berührt die Patientinnen und Patienten, dass sich da Menschen mitten in der Advents- und Weihnachtszeit die Zeit nehmen, ihnen eine Freude zu machen.“

Zeit für andere bringen Heidrun Schäfer und ihre Kolleginnen im Klinikum Wolfsburg mit, wenn sie an die Zimmertüren klopfen. „Wir sind einfach nur da. Wir hören zu, fragen nach.“ Und das tun sie, ohne nach der Religionszugehörigkeit zu fragen. Seelsorge sei wie Tagebuchschreiben, meint die Diakonin, man sortiere sich selber neu. „Jesus hat genau das auch getan, er hat hingehört, hat tiefer geschaut, Dinge auch benannt, aber nie verurteilt.“ Diakonin Schäfer geht mit den Patientinnen und Patientin auf Ressourcensuche, guckt, was stärkt und Hoffnung gibt. „Gestern sagte mir eine Frau: ‚Seit ich meine Diagnose habe, krebskrank zu sein, verbinde ich mich viel mehr mit der Natur. Ich habe mich zum Besseren verändert, seit ich krank bin‘.“

Was tut Dir gut?

Oft sind es Impulsfragen, die Menschen wieder ins Licht bringen, auch wenn es gerade ganz dunkel erscheint. Erinnerungen an glückliche Momente, an Menschen oder Orte, die Geborgenheit vermittelt haben. Was hat mir gutgetan? Wer war die nährende Person in meinem Leben? Wo war ich glücklich? „Es ist drinnen in uns Menschen. Dort finden wir es wieder. Meine persönliche Ressource ist die Sehnsucht nach Gott. Nach Gott, der uns und alles Leben gemacht hat und uns unendlich liebt.“

Foto: Jörg Schnelle
Foto: Jörg Schnelle

Licht im Dunkel ist Liebe“, sagt Larissa Mühring. „Das ist das, was das Christentum eigentlich meint: Dass das Licht immer stärker ist als das Dunkel.“

Die 41-Jährige ist Pastorin in Sülfeld und Wettmershagen.

Arme Schlucker in einem Stall

Die kaputte Puppe in der Krippe bei Familie Mühring sitzt nicht am falschen Platz. Josef, Maria und das Christuskind hatten keine heile Welt. Sie hatten keine Heimat, sie waren auf der Flucht nach Ägypten, um ihr neugeborenes Kind zu retten, das Soldaten des brutalen Königs Herodes ermorden wollten. „Das waren arme Schlucker in einem alten Stall“, meint Larissa Mühring. „Nichts daran war heil.“ 

Gott macht sich klein und wird Mensch, hören wir oft in der Predigt am Heiligabend. „Das versteht doch niemand. Ich würde fragen: Wenn das Christuskind in Betlehem in der Krippe liegt, was von Dir würdest Du zur Krippe stellen wollen? Was von Dir braucht jetzt Licht? Magst Du Dich neben Jesus hinsetzen? Oder brauchst Du jetzt mehr die Jesus-Mutter, die sich Deiner erbarmt, Dich in den Arm nimmt und Deine Tränen trocknet?

In der Krippe hat alles Platz

Vielleicht brauchst Du auch die Engel, die Dir Lieder singen, damit alle anderen Töne in Deinen Ohren verklingen? Vielleicht bist Du in diesem Jahr eher jemand, der lieber vor der Krippe stehen bleibt und sich das aus Distanz anschaut. Auch das ist okay.“

In der Krippe hat alles seinen Platz. Spiderman, der Superheld. Jesus, der menschgewordene Gott. Die kaputte Puppe und das Glitzerpony. Das Dunkle und das Helle.

Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis / Frauke Josuweit

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