Gesine Schwan zu Gast bei den Wolfsburger Gesprächen
Eigentlich wollte Professorin Gesine Schwan persönlich nach Wolfsburg kommen – aufgrund steigender Coronazahlen stellte sie gestern ihr Konzept für eine machbare europäische Asyl- und Flüchtglingspolitik online zugeschaltet bei den Wolfsburger Gesprächen vor. Dazu laden die Industrieseelsorge des Kirchenkreises und die IG Metall Wolfsburg Interessierte regelmäßig ein.
Ausgehend vom gegenwärtigen Stand der Flüchtlingspolitik der EU mit den aktuell vorliegenden Änderungsvorschlägen, stellte sie den gesamten Kontext dar, in der die europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik gedacht werden muss. Dabei ging es um die nicht allein moralisch aufzufassende, aber doch mit christlicher Grundierung zu bedenkende Leitfrage, wie Gerechtigkeit global gedacht und verwirklicht werden kann. Berücksichtigt werden müssen in gleichem Maße sowohl Herkunfts- wie Zielländer für Migration mit ihren jeweiligen Not- und Interessenlagen wie auch das Erreichen der UN-Ziele für „Nachhaltige Entwicklung“.
Als wesentlichen Schlüssel sieht Frau Professorin Schwan einerseits die Einbeziehung kleineren Einheiten wie Kommunen und Städten und damit auch der Zivilgesellschaft in die Entscheidungsprozesse, andererseits einen zu beschreitenden Weg von Entwicklungshilfe hin zu partnerschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit. Die EU braucht ein gemeinsames Verfahren für die Zulassung und das Bleiberecht von Geflüchteten in der EU und/oder ihre Rückführung; zielführend können nur Orte gemeinsamer europäischer Prüfungen sein.
Unter den genannten Voraussetzungen sprach sich Frau Professorin Schwan für eine dezentrale freiwillige Aufnahme Geflüchteter und Migranten in der EU durch Kommunen und um ein Einvernehmen der freiwillig kooperierenden Staaten mit den Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen wollen, aus und bezog auch das Thema Finanzierung des „Europäischen Integrations- und Entwicklungsfonds“ für Kommunen mit ein. Aspekte des Bedarfs an Arbeitskräften und geleisteter erfolgreicher Migrations- und Flüchtlingspolitik auf Landes- und kommunaler wie auf betrieblicher Ebene kamen ebenso zur Sprache wie notwendige Infrastrukturmaßnahmen etwa in afrikanischen Herkunftsländern.
Pastor Dirk Wagner / Industrieseelsorge im Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen