Sonne ist nicht abgesagt.
Beziehungen sind nicht abgesagt.
Zuwendung ist nicht abgesagt.
Fantasie ist nicht abgesagt.
Freundlichkeit ist nicht abgesagt.
Gespräche sind nicht abgesagt.
Hoffnung ist nicht abgesagt.
Beten ist nicht abgesagt.
Ein Bild mit diesen Worten unter einem Regenbogen schickte mir gerade eine ehrenamtliche Mitarbeiterin unserer Notfallseelsorge – mitten hinein in die Corona-Pandemie und mein Management dieser Krise. Es ließ mich zumindest kurz innehalten.
Ja, stimmt, nicht alles ist abgesagt oder verschoben! Sonntagsgottesdienste, Trauungen, Konzerte, Bewerbungsgespräche, Gruppenangebote, Sitzungen, mein eigener Urlaub in den Alpen – alles kann plötzlich nicht mehr wie geplant stattfinden. So viel wird abgesagt oder auf unbestimmt verschoben, da dachte ich schon: Alles steht still, nichts geht mehr. Und dann diese Worte „Nicht alles ist abgesagt“. So wie Jesus seinen Freunden immer wieder sagen musste: „Fürchtet euch nicht!“
So einen braucht es manchmal, der mich aus meinen negativen Gedanken reißt. Oder aus meinem Modus ‚Krise bewältigen‘. Natürlich ist für einen Kirchenkreis mit fast 800 Mitarbeitenden viel zu regeln, wenn im Stundentakt alles eingeschränkt und untersagt wird. Wie kann das Leben in 28 Kirchengemeinden weitergehen, wenn wir uns nicht mehr in Kirchen und Gemeindehäusern treffen dürfen? Wie schließen wir 20 Kindertagesstätten? Wie können wir Menschen weiter beraten und seelsorgerlich begleiten, ohne die neuen Hygienevorschriften zu vernachlässigen? Und wie geht ein Trauerbesuch, wenn die Familie unter Quarantäne steht? Da schreckt so ein Wort auf … und tut richtig gut: „Fürchte dich nicht!“ oder „Nicht alles ist abgesagt!“
Und dann, erst langsam, dann immer schneller, kamen die Ideen, was alles neu gestartet wird. Die gute alte Hausandacht aus Luthers Zeiten wurde reaktiviert. Gottesdienst geht auch daheim, ob allein oder in der Familie. Alte Menschen werden angerufen, Hilfsdienste organisiert, Videokonferenzen entdeckt, Gottesdienste für Youtube geplant.
Und noch wichtiger: Es wurde für mich immer deutlicher, dass trotz aller Sorgen und der eingeschränkten Freiheit noch das da ist, was wirklich zählt: Beziehungen, die tragen, Menschen, die sich einander zuwenden, sprudelnde Kreativität und der Dreiklang von Glaube, Hoffnung und Liebe. Es ist halt nicht alles abgesagt. Und das gilt weit über den kirchlichen Bereich hinaus. So entdecken manche das Singen neu – schon beim neuerdings längeren Händewaschen. Oder Enkelkinder schicken den Großeltern Videobotschaften. Da geht viel – nur anders.
Noch einmal zurück zum Bild mit den eingangs zitierten Worten. Das war eine scheinbar kleine Zuwendung, geschickt auf mein Handy. Doch nun haben es diese Worte sogar in die Zeitung geschafft. Und die Liste ist bestimmt einfach zu verlängern. Versuchen Sie es mal! Was ist noch nicht abgesagt? Wie viel fällt ihnen ein? Zwei Dinge? Oder fünf? Wenn jemand die Liste um zehn Zeilen verlängert und mir schickt, kommt das auf unsere Internetseite. Versprochen.
Denn ‚Versprechen einhalten‘ ist auch noch nicht abgesagt.
Ihr Christian Berndt
Superintendent des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Wolfsburg-Wittingen