Fröhliche Kinder aus Tschernobyl zu Gast im Kirchenkreis

Fröhliche Kinder aus Tschernobyl zu Gast im Kirchenkreis

Ev.-luth. Gemeinde Togliatti

St. Georg Gemeinde heute - endlich eigene Räume

Im September 2016 konnte die Gemeinde einen wichtigen Schritt in ihrer Entwicklung tun. Sie erwarb ein eigenes Haus: Togliatti, Yushnoye Shosse 67a. Das inmitten von vielstöckigen Wohnblocks neben einem öffentlichen Spielplatz stehende Gebäude  war vorher als Sauna genutzt worden. Wieder war es vor allem das Gustav-Adolf-Werk, das den Kauf ermöglichte.

Ansprechpartner

Pastor i.R. Horst-Ulrich Braun

Spendenkonto

Bankverbindung:
Kirchenamt in Gifhorn
Stichwort Togliatti
Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg
IBAN  DE88 2695 1311 0011 0000 49
BIC    NOLADE21GFW

Vom Ev.-luth. Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen nahmen wir zu dritt daran teil: Frau Birgitt Michel (häufig Gastgeberin für Besucher aus Togliatti), Pastor Peter Placke (Vorsitzender im Partnerschaftsausschuss) und Pastor i.R. Horst-Ulrich Braun (Beauftragter für die Partnerschaft zur russischen Kirchengemeinde).
Mittelpunkt der festlichen Aktivitäten war  das Haus der Gemeinde. Wir Wolfsburger hatten bisher nur Fotos vom Umzug gesehen. Nun konnten wir uns davon überzeugen, dass hier tüchtig renoviert worden ist und dass dieses schlichte Haus trotz seiner geringen Größe vielfältige Möglichkeiten für die Gemeindearbeit bietet und auch sehr geschickt dazu genutzt wird.

Wir trafen dort jedes Mal reges Leben an. Hier wurde an den 3 Festtagen (08.- 10.Sept. 2018) mehrfach gemeinsam gegessen. An der langen Tafel saßen Gemeindeglieder, behinderte Jugendliche und ihre Eltern mit uns zusammen am Tisch. In der offenen geräumigen Küche gleich nebenan wurden von vielen fleißigen Händen die Vor- und Nachbereitungen besorgt.

Am Tag zuvor wurde der selbe Raum von Pastorin Shivoderova zu einem Tanzworkshop für junge Menschen mit Behinderungen genutzt. Mit viel Spaß bewegten sich alle im Squaredance, während die Pastorin die nächsten Schritte ansagte.

Das besondere diakonische Engagement der Gemeinde

Seit  2008 hat die Kirchengemeinde - angeleitet von ihrer Pastorin - ein ganz besonderes sozial-diakonisches Profil entwickelt. Sie engagiert sich in der Arbeit für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Behinderungen. Diese jungen Menschen und ihre Familien bekommen in Russland bisher nur wenig staatliche und kommunale Unterstützung. Die Gemeinde beteiligt sich an dem Projekt „Klub Initiative Togliatti“ (KIT) und bietet in ihren Räumen soziale und pädagogische Hilfe an. Kinder können hier in  Gruppen kreativ tätig sein, Eltern treffen sich und beraten sich mit Fachleuten.

Pastorin Shivoderova ist intensiv in diese Arbeit eingebunden, organisiert Sommerfreizeiten, Sportfeste, Theateraufführungen und Reisen. Durch ihre Kontakte zu Behinderteneinrichtungen in Deutschland ermöglicht sie in vielfältiger Weise den Erfahrungsaustausch zwischen russischen und deutschen Experten. Und sie hat sich neben der laufenden Arbeit in einem  Fernstudium zur examinierten Sonderpädagogin ausbilden lassen!

In den ersten acht Jahren ihres Bestehens hatte die Ev.-luth. Kirchengemeinde in Togliatti keine eigenen Räume. Gottesdienste (inzwischen meist in russischer Sprache), Konfirmandenunterricht, Bibelstunden, Jugendgruppen und die diakonische Arbeit fanden in wechselnden angemieteten Räumen statt. Im Jahre 2011 konnte die Gemeinde im Erdgeschoss eines Bürohochhauses (Jubilejnaja Str.31) erstmals zwei eigene Räume von zusammen 50 m² erwerben. Die beiden deutschen Diasporawerke „Gustav-Adolf-Werk“ und „Martin-Luther-Bund“ und die Muttergemeinde in Samara haben diesen Kauf finanziell ermöglicht.
Das Fest zum 10-jährigen Bestehen der Gemeinde wurde im Oktober 2013 mit vielen Gästen als Erntedankgottesdienst gefeiert. Die Jugendlichen des KIT-Projektes führen ein Theaterstück auf. Pastorin Shivoderova schrieb dazu: „Es war sehr erfreulich zu sehen, dass wir nicht mehr nur eine so kleine Gemeinde sind, sondern dass wir eine Gemeinde mit Partnern aus Wolfsburg, Berlin, Samara, Uljanowsk, aus dem Martin-Luther-Bund und dem Gustav-Adolf-Werk, also ein Teilchen des weltweiten Luthertums sind.“

Über die Stadt Togliatti

Togliatti liegt ca. 1000 km südöstlich von Moskau am Ufer des Wolga-Stausees. Gegründet wurde die Stadt 1737. Ursprünglich hieß sie „Stawropol“. Ab 1950 wurde dasWolga-Stauwerk gebaut. Stawropol lag im Überschwemmungsgebiet und wurde an das linke Ufer des Sees verlegt. Seit 1964 erhielt diese neue Stadt den Namen Togliatti (nach einem bekannten italienischen Kommunisten). Togliatti hat heute ca. 750 000 Einwohner  und ist ein Industriezentrum mit einem großen Autowerk, Maschinenbaubetrieben sowie Chemie- und Lebensmittelindustrie. In der Stadt gibt es sechs Universitäten bzw. Hochschulen und wichtige kulturelle und sportliche Einrichtungen.

Die Städtepartnerschaft

Seit 1991 besteht die Städtepartnerschaft zwischen Wolfsburg und Togliatti. Schon 1981 (zur Zeit der Nachrüstungsdebatten) hatten Friedensgruppen in Wolfsburg mit Unterstützern aus dem Ev.-luth. Kirchenkreis Wolfsburg die Partnerschaft mit einer „sowjetischen Stadt“ gefordert. Wenig später wurde dann die Autostadt Togliatti als geeigneter Partner für den VW-Standort Wolfsburg vorgeschlagen. 1988 organisiert die Industriediakonie in Wolfsburg (Arche) den ersten Besuch einer Wolfsburger Gruppe in Togliatti, der zu Kontakten führte, die bis heute bestehen.

Bei verschiedenen Gelegenheiten – besonders im Rahmen des Festgottesdienstes und beim Empfang durch Bürgermeister Sergej Aleksandrowitsch Antaschew im Rathaus – wurde unser Kirchenkreis als Geburtshelfer und langjähriger Begleiter der Ev.-luth. Kirchengemeinde Togliatti vorgestellt und mit dankbaren Worten bedacht.

Wie entstand die Ev.-luth. Gemeinde in Togliatti?

Im „Deutschen Kulturzentrum“ der Stadt treffen sich regelmäßig Menschen, die deutschstämmig oder an der deutschen Kultur besonders interessiert sind. In den Räumen dieses Zentrums wurden seit 1998 regelmäßig am Sonnabend ev.-luth. Gottesdienste gefeiert - in deutscher Sprache mit russischer Übersetzung. Anschließend wurde Konfirmandenunterricht erteilt. Die Pastoren kamen dazu aus Samara oder aus Uljanowsk, wo es schon seit dem  19. Jahrhundert ev.-luth. Gemeinden gibt. Für die Menschen mit deutscher Abstammung sind diese religiösen Angebote eine Hilfe, sich ihrer „Wurzeln“, also ihrer Herkunft und ihrer Kultur zu vergewissern. In der Zeit der Perestroika, in der der Sozialismus immer mehr seine prägende Kraft verliert,entdecken sie wieder den Glauben als„Heimat“ und Identifikationspunkt in ihrem Leben. Aber auch Menschen anderer ethnischer Herkunft beginnen sich für den lutherischen Glauben zu interessieren. Angeregt durch die Städtepartnerschaft zwischen Togliatti und Wolfsburg nahm im Jahre 1998 erstmals Pastor Bareis Kontakt zum Kirchenkreis Wolfsburg auf. Pastor Bareis ist württembergischer Pastor und war zum Dienst in der Gebietshauptstadt Samara (ca. 100 km südlich von Togliatti) entsandt. Er und sein Nachfolger, Pastor Markus Schoch, baten um Unterstützung für die kleine Gruppe lutherischer Christen in Togliatti. 2002 und 2003 entsandte der Wolfsburger Kirchenkreis den Pastor i.R. Friedhelm Brockmann und  Diakonin i.R. Lore Engelkes zu dreimonatigen Einsätzen nach Togliatti. Ihre Aufgabe war es, die Gemeinde zu vergrößern und sie organisatorisch und geistlich zu stärken. In der Phase des Gemeindeaufbaus haben der Ev.-luth. Kirchenkreis Wolfsburg und die Margarete-Schnellecke-Stiftung aus Wolfsburg die Kirchengemeinde in Togliatti mit jährlichen Zuschüssen unterstützt.

Seit Herbst 2003 ist die Gemeinde von den russischen Behörden offiziell als eine Gemeinde der Ev.-luth. Kirche in Russland, der Ukraine, Kasachstans und Mittelasiens (ELKRAS) anerkannt. Die Gemeinde hat ca. 50 Mitglieder und wird geleitet von Pastorin Tatjana Schivodjorova. Seither hat es mehrfach gegenseitige Besuche in Togliatti und Wolfsburg gegeben. Eine gute Möglichkeit zu Begegnungen sind die Deutschen Evangelischen Kirchentage, zu denen seit 2005 regelmäßig Gemeindeglieder aus Togliatti anreisen. Für sie, die als Lutheraner in Russland oft als sektiererische Minderheit angesehen werden, sind diese Treffen mit tausenden Menschen, die den gleichen religiösen Hintergrund haben, immer wieder eine ermutigende Erfahrung.

Im oberen Stockwerk des Gemeindehauses befinden sich zwei Schreibtischarbeitsplätze (für die Pastorin und die Buchhalterin), die kleine Wohnung der Pastorin und auch ein Raum für textile Arbeiten. Wir sahen sehr kreativ gefertigte Taschen, die an den Näh- und Strickmaschinen hier entstanden waren. Einige davon wurden uns als Geschenk mitgegeben und die Pastorin erklärte dazu, dass die Gemeinde das Ziel verfolgt, Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu eröffnen, beruflich tätig zu sein. In Deutschland hatte die Pastorin in verschiedenen Städten Behindertenwerkstätten kennengelernt. In der Großstadt Togliatti gibt es solche Einrichtungen bisher nicht. Selbstverständlich müsste eine solche Werkstatt ganz andere Dimensionen haben, als die wenigen Arbeitsplätze im Haus der Gemeinde. Und tatsächlich – so erfuhren wir zu unserem Erstaunen bei einem Empfang im Rathaus - zeigt die Stadtverwaltung Togliatti Interesse und könnte durchaus geneigt sein, der Kirchengemeinde ein Grundstück für dieses große Projekt zur Verfügung zu stellen.

Wir auswärtigen Besucher und Freunde haben diese Planungen der Gemeinde mit großem Respekt wahrgenommen und sind beeindruckt von soviel christlich-diakonischem Pioniergeist.

Wenn Sie die Gemeinde in Togliatti unterstützen möchten, ist Ihre Spende sehr herzlich willkommen!

Kirchenamt in Gifhorn
Stichwort Togliatti
Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg
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